Fazit Chile
Chile war für uns ein Wechselbad der Gefühle. Von Enttäuschung bis zur totalen Begeisterung war alles dabei. Im Grossen und Ganzen galt für uns aber: je südlicher, desto schöner. Die Carretera Austral war einer DER Höhepunkte unserer Reise. Nachdem sich die Begeisterung für Chile bei unserer letzten Reise vor 8 Jahren eher in Grenzen hielt, hat uns dieses Land, insbesondere der Süden, dieses Mal unglaublich gefallen.
Sicherheit
Chile gilt als korruptionsfrei und sehr sicheres Reiseland. Touristenhotspots wie Santiago und Valparaiso sollen angeblich notorisch sein für Taschendiebstähle. Wir haben diese Orte unbeschadet überstanden und uns in Chile stets sicher gefühlt. Auch kann man hier wieder problemlos wild campen, sofern man (vor allem in Patagonien) einen Weg um die Zäune findet. Eine grössere Gefahr als Kriminalität bilden in diesem Land sicher Erdbeben und Vulkanausbrüche.
Leute
Weniger als 5% der chilenischen Bevölkerung sind indigen, die Mehrheit davon sind Mapuche. Die übrige Bevölkerung besteht aus Chilenen mit europäischen Vorfahren und Mestizen. Wir haben die Chilenen von allen Südamerikanern als die Zurückhaltendsten und Reserviertesten empfunden. Sie sind den Schweizern nicht unähnlich und wir haben sie deshalb als sehr angenehm erlebt. Eher still und bescheiden, aber durchaus freundlich und hilfsbereit. Im ersten Moment erscheinen sie zum Teil unfreundlich, was aber im seltensten Fall wirklich zutraf. Lediglich ihre Sprache hat uns zu schaffen gemacht. Das chilenische Spanisch ist eine Knacknuss. Nachdem wir doch mittlerweile ganz gut Spanisch sprechen, fühlten wir uns in Chile teilweise wieder wie blutige Anfänger. Das liegt daran, dass die Chilenen einen sehr eigenen Wortschatz haben, extrem schnell reden und immer mindestens die Hälfte des Wortes bzw. des Satzes verschlucken.
Landschaft/Sehenswürdigkeiten
Da Chile extrem lang ist, verfügt es über die unterschiedlichsten Landschaften. Vom Norden mit der Atacama Wüste über die Anden im Osten, der chilenischen Schweiz mit ihren Seen und Vulkanen und natürlich Patagonien mit seiner ganzen Vielfalt ist alles zu haben. Dazu kommen Südseeinseln wie die Osterinsel und die Juan-Fernandéz-Inseln. Wir haben zusammen mit unserer Reise vor acht Jahren nun fast das ganze Land bereist und haben stark unterschiedliche Eindrücke gesammelt:
Die Atacama Wüste im Norden hat uns – von Bolivien kommend – landschaftlich nicht aus den Socken gehauen. Das lag aber mitunter auch daran, dass wir nach der Lagunenroute durch Boliviens Süden, sehr verwöhnt und auch etwas gesättigt waren. Die meisten Reisenden bewegen sich dann über den Norden von Argentinien südwärts. Da wir diesen Teil Argentiniens bereits kannten, haben wir uns für die Nordküste von Chile entschieden. Unter anderem auch, weil wir mal etwas Kilometer machen mussten. Dieser Teil hat uns gar nicht begeistert, und wir würden jedem, der das erste Mal in beiden Ländern unterwegs ist, Argentiniens Norden ans Herz legen.
Südlich von Santiago beginnt jedoch für unseren Geschmack das wunderschöne Chile. Das Seengebiet rund um Osorno und Pucon, die Insel Chiloe, die Carretera Austral und Feuerland sind nur die Hauptnenner. Die Carretera Austral war eines unserer Top Highlights der gesamten Reise. Wir haben diese von Nord nach Süd in rund 3 Wochen bereist, hatten Traumwetter und waren restlos begeistert.
Die Osterinsel haben wir bei unserer ersten Reise nach Südamerika besucht. Wir empfanden sie als sehr speziell und unvergesslich. Kulturell und landschaftlich hat sie wenig bis gar nichts mit Chile am Hut, sie ist polynesisch geprägt und vermittelt einen gewissen Südseecharakter.
Essen
Chile’s Küche enttäuschte uns masslos. Von einem Erstweltland könnte man sicher mehr erwarten. Wer sich auf schöne Fischplatten am Meer freut, liegt leider daneben. Fast alles wird paniert und frittiert serviert und schmeckt entsprechend nach nichts. Kulinarischer Höhepunkt in Chile war für uns Valparaiso, wo es ein paar sehr gute und nette Restaurants mit mediterraner Küche gibt. Diese haben allerdings auch ihren Preis. In Patagonien ist das Lamm vom Grill eine grosse Spezialität. Wer sich darunter allerdings schöne Lammfilet oder –nierstücke vorstellt, liegt einmal mehr falsch. Das Lamm wird als Ganzes auf einen Holzständer aufgezogen und über dem offenen Feuer über Stunden gegrillt. Das Fleisch böckelt sehr viel mehr als wir es uns gewohnt sind, da die Lämmer mit Gras aufwachsen (und nicht wie bei uns mit Milch).
Da wir in Chile sehr viel gecampt haben, konnten wir mehrheitlich selber kochen und hatten nicht das Gefühl, etwas zu verpassen. Die Versorgungslage mit grossen Supermärkten ist sehr gut. Wir haben, wenn möglich, bei Jumbo eingekauft. Dort gibt es alles, was das Herz begehrt inkl. europäischer Produkte.
Chilenische Weine sind toll. Wir lieben die Carmenère Traube, welche ausschliesslich in Chile angebaut wird. Das Preis-Leistungsverhältnis ist super und gute Weine sind zu sehr günstigen Preisen im Supermarkt zu kriegen. Pisco ist auch hier das Nationalgetränk und der Streit zwischen Peru und Chile über die Herkunft des Schnaps ist bereits im Peru Fazit abgehandelt. Im Süden Chiles, sprich in Patagonien, ist die Mate Kultur sehr ausgeprägt. Der Kräutertee macht bei jeder Gelegenheit die Runde und ist ein sozialer Event. Wir mögen ihn nicht, er ist bitter und sehr gewöhnungsbedürftig.
Autofahren
Nach allen Ländern in Lateinamerika ist das Autofahren in Chile wieder sehr erholsam. Es geht deutlich zivilisierter auf den Strassen zu und her und Verkehrsregeln haben wieder ihre Berechtigung. Auch in Santiago ist das Autofahren kein Problem. Und als erstes Land auf unserer Reise (abgesehen von Kanada und USA) gewährt Chile den Fussgängern den Vortritt. Man kann also endlich wieder eine Strasse überqueren ohne um sein Leben zu bangen.
Die Strassen in Chile sind mehrheitlich in einem sehr guten Zustand und meistens gebührenfrei. Lediglich in und um Santiago wird eine Maut verlangt. In Patagonien ist die Mehrheit der Strassen noch nicht asphaltiert. Man muss mit staubigen Wellblechpisten rechnen, die zum Teil (Carretera Austral) auch tiefsandige Abschnitte beinhalten.
Preisniveau
Das Preisniveau ist in Chile hoch und kann mit den USA verglichen werden. Hotels und Restaurantbesuche schlagen deutlich höher zu Buche als in den nördlichen Nachbarländern. Auch die Campingplätze sind teurer, insbesondere an der Nordküste haben wir sie als zu teuer mit einem extrem schlechten Preis-Leistungsverhältnis empfunden. Sie waren oft ungepflegt und schmutzig. Dafür kann man aber auch wieder wild übernachten.
Tanken kostete während unserer Reisezeit in Chile ca. 658 Pesos pro Liter Diesel, dies entspricht in etwa 1 CHF pro Liter. Es gibt nur eine Dieselqualität in Chile und die soll die Beste in ganz Südamerika sein.
Umweltschutz/Müll
Obwohl Chile ein Erstweltland ist, steckt der Umweltschutz noch in ziemlichen Kinderschuhen: Die Umweltsünden fangen im Norden mit den vielen Kupferminen an. Chile ist Kupferproduzent Nr. 1 auf der Welt. Die Minen verseuchen das Grundwasser, und der Kupferstaub macht die Arbeiter krank. Ganze Städte mussten deshalb bereits evakuiert werden.
Ein verheerendes ökologisches Problem sind die riesigen Lachszuchten rund um die Insel Chiloe und in den Fjorden des Südens. Wie bei allen Monokulturen muss hier mit viel Antibiotika gearbeitet werden, damit die Lachse nicht krank werden. Zudem ist der atlantische Lachs nicht endemisch und schleppt somit Krankheiten für andere Fische ein. Die Medikamente und Gifte gelangen ins Meer und zerstören den Boden und somit die Nahrungsgrundlagen für andere Meeresbewohner. Die grossen Walpopulationen bleiben dieser Region bereits fern. Die Lachszucht ist leider in den letzten Jahren explodiert und Chile ist mittlerweile einer der grössten Lachsproduzenten der Welt. Wir haben möglichst darauf verzichtet, Farmlachs von Chile zu essen.
In der Region Aysen gibt es ein Staudamm Projekt für den Rio Baker. Dabei wären mehrere Dämme geplant und rund 59km2 würden dadurch geflutet. Das Projekt ist zurzeit auf Eis gelegt, da es Proteste in der Bevölkerung und von Naturschutzverbänden gab.