Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Dezember 2014 / Januar 2015: San Carlos de Bariloche (Argentinien) bis Cochrane (Chile)

Energie tanken über Weihnachten in Bariloche war genau das Richtige. Denn uns erwartete einen der wohl schönsten Streckenabschnitte der ganzen Reise mit einer Aneinanderreihung von Highlights. Die Erwartungen waren hoch, sie wurden aber auch vollends erfüllt.

Nachdem wir uns von Karin und Markus verabschiedet hatten, machten wir uns auf Richtung Chile und seinen rauen Süden. An der Grenze hatten wir dieses Mal nicht ganz so viel Glück, und der Zöllner gab sich leider nicht mit einer faulen Tomate zufrieden. Alles mussten wir abgeben, insbesondere auf unseren feinen Käse und Salami hatte es der nette Herr abgesehen. Nun denn, so ein Picknick am Zoll kann auch Spass machen, und da es sowieso gerade Mittagszeit war, assen wir das Meiste gleich noch an Ort und Stelle auf. Die Zollbeamten hatten durchaus Verständnis und liessen uns in aller Ruhe gewähren, auch wenn hinter uns die Schlange länger und länger wurde.

In zwei Tagen fuhren wir nach Puerto Montt, eine Hafenstadt, welche uns bereits vor 8 Jahren nicht begeisterte. Dieser Eindruck bestätigte sich auch dieses Mal wieder. Deshalb setzten wir so rasch als möglich mit der Fähre auf die Insel Chiloe über. Auf unserer letzten Reise vermochte sie uns ebenfalls nicht so zu überzeugen, aber wir wollten ihr nochmals eine Chance geben. Da der Wetterbericht nichts Gutes verhiess, quartierten wir uns in Ancud beim Schweizer Martin im Hostal Mundo Nuevo ein und genossen für ein paar Tage unsere private Cabaña mit Blick aufs Meer. Der Sonne war aber der Wetterbericht total egal, schien nach Leibeskräften und verwöhnte uns mit warmen Temperaturen. Dies trug natürlich auch dazu bei, dass wir die Insel von einer ganz anderen Seite kennenlernten. Die 150km lange und 50km breite Hauptinsel eines rund 40 Inseln umfassendes Archipels gefiel uns beim zweiten Besuch ausnehmend gut. So gut, dass wir sogar einen Kirchentag einlegten. Chiloe beherbergt nämlich rund 200 Holzkirchen, welche aus der Jesuitenzeit stammen. 16 von ihnen wurden sogar zum UNESCO Kulturerbe erklärt. Sie sind alle farbig und speziell anzusehen. Auch den Magellan Pinguinen auf einer vorgelagerten Insel statteten wir einen kurzen Besuch ab. Und so ganz nebenbei rutschten wir in trauter Zweisamkeit mit Rum und Cola anstatt Sekt in das neue Jahr.

Von Castro auf Chiloe nahmen wir die Fähre nach Chaiten, unseren Startpunkt auf der Carretera Austral. Wir genossen die 6stündige Überfahrt bei wunderbarem Wetter und lernten dabei Madeleine und René kennen. Die beiden Schweizer sind vielgereist, haben schon fast die ganze Welt gesehen, hatten früher auch einen Landy, mit dem sie Afrika durchfahren haben (und den sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen verkauft haben) und sind nun mit Lindo Auto (will heissen schönes Auto, siehe Fotos) unterwegs in Patagonien. Wir verstanden uns auf Anhieb so gut, dass wir die ersten Kilometer auf der Carretera Austral gemeinsam unter die Räder nahmen. Die Carretera Austral oder eben Ruta 7 ist rund 1'350km lang und wurde erst 1976 unter Diktator Pinochet gebaut. Der Bau dauerte über 20 Jahre und ist bis heute nicht abgeschlossen, da technisch schlicht unmöglich. Im Norden müssen somit mehrere Fährverbindungen die fehlenden Stücke ergänzen. Weite Teile der Strecke sind auch heute noch Schotterpiste, jedoch hat es dazwischen bereits geteerte Abschnitte.

Pünktlich mit Ankunft unserer Fähre setzte auch der Regen ein. Wir beschlossen, die Nacht gleich in Chaiten zu verbringen und durften bei einem Hospedaje im Garten campen. Gemütlich schlossen wir den Abend unter unserem Foxwing mit Spaghetti und Wein ab, dem sich auch Franziska und Bernd anschlossen. Das Winzerpaar aus Deutschland ist ebenfalls auf einer längeren Patagonienreise mit Mietauto unterwegs. Chaiten ist übrigens nach wie vor eine Fast-Geisterstadt. Sie wurde am 2. Mai 2008 aufgrund des Vulkanausruchs Chaiten evakuiert und total verschüttet. Von den ursprünglich 3300 Einwohnern leben heute nur noch bzw. wieder ein Bruchteil in Chaiten.

Am nächsten Tag fuhren wir mit Madeleine und René mit Lindo Auto an den Lago Yelcho. Auf dem wunderschönen Campground der Yelcho en la Patagonia Lodge genossen wir zwei Tage bei rauem Patagonienwetter. Der Lago Yelcho ist ein Fjordsee und einer der tiefsten Chile’s. Er ist auch bekannt für seine Forellen in Rekordgrössen und deshalb im wahrsten Sinn Dreh- und Angelpunkt der Fischer. Da wir aber diesem Hobby nicht frönen, zog es uns weiter. Während Madeleine und René Richtung Süden weiterfuhren machten wir einen östlichen Abstecher nach Futaleufu, nahe an der argentinischen Grenze. Dieser Ort ist bekannt bei Rafting- und Kajakhungrigen. Da aber endlich wieder mal die Sonne schien, verzichteten wir auf Wasserspiele und genossen einfach nur die wärmenden Strahlen und das Faulenzen.

Weiter ging’s zurück auf die Carretera Austral mit Ziel Puyuhuapi. Dieser kleine Ort wurde 1935 von vier deutschen Immigranten gegründet. Die vier Sudetendeutschen Otto Uebel, Ernst Ludwig, Walther Hopperdietzel und Carlos Ludwig aus Rossbach (heute Hranice in Tschechien) kamen hier mit einem Schiff an und schufen in den folgenden Jahren diese Siedlung unter widrigsten Umständen. Da die Sonne bei unserer Ankunft 80 Jahre später bereits wieder Pause machte, quartierten wir uns bei Luisa Ludwig, der Tochter von Ernst Ludwig, ein. Im Haus erfuhren wir viel über die Geschichte dieses Dorfs und der Siedlerfamilien. Wer’s interessiert, kann hier ein wenig nachlesen: http://www.casaludwig.cl/geschichte.php. Luisa Ludwig hat zudem ein Buch über die Geschichte der Entstehung von Puyuhuapi geschrieben.

Unsere weitere Fahrt Richtung Süden brachte uns dann in den Nationalpark Queulat, wo wir bei strömendem Regen und eisigen Temperaturen campten. Nachdem wir etwa 20 Stunden mit Wärmeflasche und Heizung im Auto ausharrten, war uns dann die Sonne am nächsten Morgen doch noch etwas hold und wir durften den Gletscher Ventisquero Colgante fast ohne Wolken bestaunen. Weiter ging’s anschliessend Richtung Coyhaique, wo wir eigentlich unsere Vorräte auffüllen wollten. Aber wir blieben bei Nacho hängen. Der gebürtige Madrilene betreibt ca. 40km nördlich von Coyhaique mit seiner chilenischen Frau Sandra einen kleinen Campground. Haupteinnahmequelle sind aber seine Gewächshäuser, wo alles rein biologisch gezüchtet wird. Da das Wetter mitspielte, erfreuten wir uns hier drei sonnigen Tagen mit frischem Salat und von Sandra selbstgebackenem Brot. Zudem erhielten wir von Nacho eine Einführung in die Welt des Mate’s. Dieses Aufgussgetränk ist hier in Patagonien festes tägliches Ritual eines jeden Gauchos, und viele Einwohner Patagoniens würden ihr Haus nie ohne ihren Mate und die Kräuter verlassen. Eine Kultur, die sich über Jahre bewahrt hat und vor allem in der Gemeinschaft genossen wird. Nun ja, Genuss ist Geschmacksache, wir mögen den Mate nicht. Er schmeckt sehr bitter und trocknet den Mund total aus. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Und dann durften wir auch noch die beiden Bayern Bea und Helle kennenlernen (www.timetoride.de), von denen wir bereits über Karin und Markus gehört haben. Die beiden kamen genau richtig für den Asado (Grillade), den Nacho für uns alle an diesem Abend bereitete. Alle steuerten etwas bei, sei’s für auf den Grill oder ins Glas, und wir genossen wieder einmal gute Gesellschaft und gutes Essen. Mit zwei Bayern am Tisch kam die Gemütlichkeit natürlich nicht zu kurz.

Nach 3 Tagen konnten wir uns dann endlich losreissen und füllten in Coyhaique alle unsere Tänke auf. Der erste richtige Supermarkt seit Puerto Montt, der diesen Namen auch verdiente, erwartete uns. Und endlich fand Simone ein Paar neue Trekkingschuhe, die grösser waren als Grösse 36. Ansonsten bietet Coyhaique herzlich wenig und so machten wir uns schnell auf, um wieder in die Natur zu kommen. Puerto Tranquilo am Lago General Carrera hiess unsere nächste Station. Die Farbe dieses See’s ist einfach unglaublich! Die Fotos sind nicht geshoppt, er ist tatsächlich so grünblau. Mit seinen 224‘000 Hektaren ist er riesig und grenzübergreifend. In Argentinien heisst er Lago Buenos Aires.. ja, wenn man sich nicht mag, dann hat man auch keine gemeinsamen Namen. Von Puerto Tranquilo unternahmen wir eine Kajaktour zu den Marmorhöhlen und einen Ausflug in das Valle de Exploradores, wo wir den gleichnamigen Gletscher bestaunten.

Wir überlegten uns, ob wir noch weiter auf der Carretera Austral südwärts fahren wollten oder über Chile Chico nach Argentinien rüber kreuzen wollten. Von anderen Reisenden, die von da kamen, hörten wir, dass da drüben die Orte aufgrund der Hochsaison masslos überfüllt seien. So entschieden wir, die Ruhe hier in Chile noch etwas zu geniessen und noch etwas weiter Richtung Süden zu fahren. Und es lohnte sich! Wir gelangten zum imposanten reissenden Rio Baker, der im nördlicheren Teil ebenfalls eine unglaubliche blaue Farbe hat. Weiter im Süden wird er von Schmelzwasser gespeist und wechselt deshalb ins Graue. Bei Lilli auf dem Camping Rio Nadis machten wir Halt und blieben einmal mehr hängen. Ein unglaublich idyllisches Plätzchen mitten in der Natur. Eine herrliche Ruhe, eine imposante Bergwelt und Millionen von Pferdebremsen begrüssten uns. Trotz dieser nervigen Biester trauten wir uns aufs Pferd und ritten mit Lilli rund 10km entlang des Rio Baker bis zum Wasserfall El Salton. Gewaltig, welche Kraft Wasser entwickeln kann. Hier beginnt auch der Corte San Carlos, eine in den Fels gehauene Strasse. Diese wurde bis zum Bau der Carretera Austral mit Maultieren und Pferden als einzige Verbindung von Nord nach Süd und umgekehrt benützt. Nichts für Höhenangstgeplagte! Die Pferde liessen wir daher zurück und wanderten das letzte Stück bis zum Felsweg.

Ungern rissen wir uns von diesem traumhaft schönen Ort los und fuhren noch bis Caleta Tortel runter. Dieses Städtchen ist auf Stelzen gebaut und deshalb nur zu Fuss erreichbar. Es lockte uns aber nicht zu bleiben, und deshalb fuhren wir noch am selben Tag zurück nordwärts nach Cochrane. Man könnte noch weiter bis Villa O’Higgins fahren. Dort ist aber mit dem Auto Ende und man muss zurück bis Cochrane. Lediglich Fahrrad Fahrer und Wanderer können die Strecke in den weiteren Süden Chile’s bewältigen. Somit beendigten wir unser Erlebnis Carretera Austral in Cochrane. Es war der Hammer und eines unserer Tophighlights auf der ganzen Reise! In Cochrane haben wir für zwei Tage eine Cabaña mit einem funktionierenden Wifi gemietet und erledigen wieder mal Büroarbeiten.

Weiter geht’s danach nördlich des Lago Cochrane nach Osten über den Paso Roballos und somit nach Argentinien.

Bildergalerie Bariloche bis Cochrane Teil 1

Bildergalerie Bariloche bis Cochrane Teil 2