Juli/August 13: Alberta
Von Maple Creek ging‘s auf dem schnellsten Weg nach Pincher Creek in Alberta. Guter Grund: unsere Freunde Corry und Mike (www.travel-north.com) kommen von Montana und wir wollen die nächste Zeit zusammen mit unseren Landys die Rocky Mountains durchfahren. Corry und Mike befahren in 9 Monaten mit Landy Bagheera Nordamerika und der Zufall will es, dass sich unsere Routen kreuzen. Ok, wir haben ein bisschen nachgeholfen, aber wie sich im Nachhinein herausstellte, hat es sich vollends gelohnt. Nur schon wegen des tollen Youtube Videos (http://www.travel-north.com/reiseberichte-travelogues/16-alberta/). Die Action mit uns zusammen beginnt bei 2 Min. 14 Sek. :-)
Nach freudiger Reunion auf einem schönen Campground in der Nähe von Pincher Creek wollten wir zusammen den Highway 40 unter die Räder nehmen. Dieser führt parallel zum Icefields Parkway (Hwy 93) nach Jasper und ist mehrheitlich nicht asphaltiert. Zudem ist er nicht im Nationalpark und entsprechend abseits der ausgetrampelten Touristenpfade. Genau das richtige Terrain für Bageera und Fritz. Leider mussten wir dann jedoch erfahren, dass der Highway 40 südlich von Calgary geschlossen ist, da dieses Gebiet im Juni von starken Überschwemmungen zerstört wurde und die Strasse nach wie vor nicht befahrbar ist.
Eigentlich wollten wir so Calgary umfahren. Fritz machte uns jedoch seit ein paar Tagen etwas Sorge. Er hatte immer mehr Anfangsschwierigkeiten nachdem wir den Motor abstellten, sprich für eine gewisse Zeit null Saft (trotz Bagheera’s knackigem Arsch). Und so steuerten wir – mit einem entsprechenden Tipp der Rover Enthusiasts of Alberta – eine Landrover Garage in Calgary an. Nach mehreren Stunden Diagnostik sowie Skype Chat mit Anna von Overland Technics haben wir (resp. Alexander von der TRS Garage) den Übeltäter gefunden: der Luftmengenmesser war’s! Dieser funktionierte nicht mehr richtig und so hat unser Fritz nicht mehr genug Luft bekommen. Dies hatte zur Folge, dass kein Power mehr vorhanden war und Fritz auf dem Notprogramm lief. Michi weiss seit seinem Bike Abenteuer in Indien wie sich das anfühlt :-)
Natürlich hatte die Garage kein solches Ersatzteil an Lager und so mussten wir dieses in UK bestellen. Die gute Nachricht aber: man kann auch ohne diesen Sensor fahren. Naja, eigentlich macht’s fast mehr Spass, Fritz hat Power wie noch nie! Unser Fazit: Die Bedeutung von Sensoren im Auto wird massiv überschätzt :-)
Somit beschlossen wir, in der Zwischenzeit mit Corry und Mike den nördlichen Teil des Highway 40 bis Jasper zu befahren, während das Ersatzteil den Weg von UK nach Kanada findet. Am 7. August müssen wir wieder in Calgary sein, um den neuen Luftmengenmesser einbauen zu lassen und gleich auch einen kleinen Service vorzunehmen. Wir haben seit unserer Abfahrt in der Schweiz vor drei Monaten schon 11‘000km gemacht. Also höchste Zeit für einen ersten Service und vor allem für einen Ölwechsel. Fritz hat viel geackert und verdient es, gut umsorgt zu sein.
Die Tage auf dem Highway 40 waren wunderschön. Abseits vom Trubel, welcher um diese Jahreszeit in den Nationalparks herrscht, nähert man sich den Rocky Mountains. Die Strasse ist unbefestigt und somit kamen unsere Landys mal wieder zu artgerechter Bewegung. Die Strasse führt durch diverse Provincial Parks, welche einfache Campgrounds (Plumsklo, keine Dusche, kein Wifi, kein Swimming Pool, keine Abendanimation ausser die Angriffe der Moskitos) haben, jedoch darf man hier auch wild campieren. Wir haben beides benutzt und wunderschöne Abende am Lagerfeuer erlebt. Jeder hatte seine Aufgabe: Simone kochte, Mike hat die schönsten Grillgluten gezaubert, Corry hat die Teller wieder auf Hochglanz gebracht und Michi tat das, was er eben am besten kann.. er hat für Abendunterhaltung gesorgt. Und nicht zu vergessen, super Steaks grilliert.
Müde, staubig und zufrieden kamen wir nach drei Tagen in Hinton nahe Jasper an. Ein grosser Campground mit heisser Dusche und Waschmaschinen war unsere erste Station. Hierfür eignen sich KOA’s, eine amerikanische Campground-Kette, bestens. Sie bieten einen einheitlichen Standard mit 5 Sterne Feeling (soweit das ein Campground bieten kann). Nur ein Beispiel: Feuerholz und Eis wird einem mit dem Golfwägelchen gebracht. Bereits ausserhalb von Jasper merkten wir, dass hier oben ein anderer Wind weht. Hier sind die grossen Touristenmassen unterwegs. Man hört wieder Deutsch, Schweizerdeutsch, Indisch und Japanisch. Nun konnten wir nicht mehr nach Herzenslust über andere Reisende lästern..
Allerdings ist der Icefields Parkway (Highway 93) von Jasper nach Banff durch den Jasper und Banff Nationalpark einfach ein Must. Und wie so oft stellte sich heraus, dass man mit einem kleinen Fahrzeug immer einen Platz findet. Die meisten Camper hier fahren mit lastwagenartigen Wohnmobilen durch die Gegend, welche grösser sind als jeder Reisecar. Wir konnten uns zusammen mit beiden Landys auf eine Site stellen und hatten immer noch spielend Platz. Zudem brauchen wir keinen Strom und keine stinkenden Abwassermöglichkeiten. Es zahlte sich also mehr und mehr aus, dass wir klein geblieben sind. In Jasper unternahmen wir eine erste Wanderung auf den Whistlers, während Corry und Mike sich auf die Bikes schwangen. Der Muskelkater am nächsten Tag war tierisch (nach Tagen im Auto), jedoch der Ausblick atemberaubend und unbezahlbar! Die Bilder sprechen für sich. Wir Schweizer brauchen einfach Berge, um glücklich zu sein! Naja, Simone träumte des Nächtens von Strand, Meer und Sonne. Aber das kommt auch noch.
In Jasper verbrachten wir vier tolle und aktive Tage. Wandern, Biken (Corry und Mike) und auch wiedermal durch ein Städtchen flanieren war angesagt. Ein Ausflug zum Maligne Lake bescherte uns sogar endlich unsere erste Bärensichtung. Leider ging alles viel zu schnell. Eine Bärin mit ihren süssen drei Jungen (Drillinge sind bei Bären eher selten und es werden wohl kaum alle überleben) überquerte die Strasse und war nach ein paar Sekunden auch schon wieder verschwunden. Entsprechend gibt es nur ein einziges verschwommenes Foto der Bärenmutter. Aber immerhin wussten wir nun, dass es hier tatsächlich Bären gibt. Man liest und hört jeden Tag, kauft Bärenspray (Pfefferspray), aber sehen tut man sie kaum. Fast wie im Zürich Zoo, dort sieht man sie im neuen Bärengehege ja auch kaum mehr.
Von Jasper fuhren wir via die Columbia Icefields Richtung Lake Louise. In den Columbia Icefields kommen ungefähr 30 Gletscher zusammen. Sie sind über 350m dick. Die grosse Touristenattraktion besteht hier darin, mit Bussen den Athabasca Glacier zu befahren. So viel zu Global Warming! Da wir alle schon mal Schnee gesehen haben, liessen wir das aus und unternahmen eine Wanderung, welche einen tollen Ausblick auf den Saskatchewan Glacier bot. Nach einer Übernachtung in den Icefields kamen wir am nächsten Tag in Lake Louise an. Wer sich für Skirennen interessiert, weiss, dass hier die Übersee Rennen des Skizirkus‘ zu Beginn der Saison stattfinden. Lake Louise besteht aus ein paar Hotels, Restaurants und einem Campground. Mehr nicht! Man ist hier, um im Winter Ski zu fahren und im Sommer zu wandern. Während Corry und Mike eine weitere Biketour unternahmen, besuchten wir lediglich den See, wohlgemerkt zusammen mit Millionen von Touristen. Hier herrschte wirklich absolute Hochsaison und offenbar wird Lake Louise in Indien und China sehr gut vermarktet. Naja, trotzdem eindrücklich. Das Wasser des Sees fliesst von hier in den Bow River, durch Banff und Calgary, durch die Weiten von Manitoba und Saskatchewan, in den Lake Winnipeg und schlussendlich in der Hudson Bay in den Atlantischen Ozean. Die schillernde Farbe des Sees entsteht durch Sonnenlichtreflektion von Steinmehl, welches durch die Reibung von Gletschereis auf Stein entsteht. Gletscherwasser spült dies Mehl dann in den See.
Im Übrigen hat die kanadische Eisenbahn im Jahr 1899 Schweizerische Bergführer angestellt, um Hotelgäste auf Bergtouren zu führen. Sie waren es, die Lake Louise eine europäische alpine Atmosphäre verschafften. Am See befindet sich auch das bekannte Chateau Lake Louise. Aus einer einfachen Hütte für Holzfäller entstanden, ist es heute ein 5*****Hotel. Uns hat es nicht gefallen, insbesondere innen gleicht es eher einem Bahnhof denn einem eleganten Hotel. So gingen wir ganz gerne wieder zurück auf unsere Campsite. In Lake Louise hiess es dann von Corry und Mike Abschied nehmen. Während wir nochmals zurück nach Calgary müssen, werden sie Richtung B.C. und dann Süden weiterziehen. Es waren tolle zwei Wochen! Wir werden sie vermissen. Und Fritz hat sich unsterblich in Bagheera verliebt, auch wenn er nicht darüber sprechen will. Aber Corry und Mike werden – zurück in der Schweiz – schon mal die Hochzeit vorbereiten. Es kommt also alles gut!
Für uns ging‘s dann nach Banff. Bravo, wir haben’s geschafft, zum absoluten Spitzenzeitpunkt der Hochsaison (langes Wochenende während der Sommerferien) im meistbesuchten Ort der Rocky Mountains zu sein. Mit Ach und Krach bekamen wir die letzte Site auf einem Campground etwas ausserhalb von Banff. Aber wenn man zwei Jahre Zeit hat, kann man eben nicht alles planen. Banff ist mondän und beherbergt die Schickeria Calgary’s. Es hat aber auch eine lange Geschichte. Als 1885 die Canadian Pacific Railway fertiggestellt wurde, wurde Kanada’s Traum war. Es war nun ein Land, welches vom Pazifik zum Atlantik verbunden war. Aber wie konnten die enormen Kosten dieses gewaltigen Baus gerechtfertigt werden? Banff war die Antwort. Mit seinen heissen Quellen. Der damalige General Manager der Canadian Pacific Railway verstand es, Banff entsprechend zu vermarkten und die gutbetuchte Gesellschaft anzuziehen. Im gleichen Jahr wurden 26km2 rund um die heissen Quellen reserviert und waren somit der Startschuss zum ältesten Nationalpark Kanada’s. 1888 wurde das luxeriöse Banff Springs Hotel eröffnet, welches bald zur Hauptattraktion entlang der Bahnlinie wurde. 1926 abgebrannt und wieder aufgebaut hat es bis heute seine Anziehung nicht verloren. Auch wir liessen es uns nicht nehmen, auf der Terrasse des Hotels nach einer Wanderung ein Bier zu nehmen. Hier hätten wir gerne eine Nacht verbracht. Das Hotel ist wirklich traumhaft schön und bietet atemberaubende Ausblicke in die umliegende Bergwelt des Banff Nationalparks.
Nun sind wir zurück in Calgary und lassen Fritz generalüberholen. In der Zwischenzeit benutzen wir die Zeit, um die Stadt noch etwas genauer anzuschauen und zwei Tage Abgase zu schnuppern. Michi als richtiger Sportfan musste natürlich auch noch in den Olympic Park. 1988 fanden die Olympischen Winterspiele in Calgary statt. Und was für welche: Eddie the Eagle verbesserte den britischen Rekord im Skispringen auf 87m, Pirmin Zurbriggen wurde Olympiasieger, Peach M. (wie üblich) wurde Zweiter, Jamaika hatte einen Viererbob am Start und Vreni S. hatte noch keinen Kafi am Pischterand… :-)
Nun haben wir aber genug von Calgary. Bald geht’s wieder in die Wildnis von British Columbia, in den Yoyo Nationalpark, den Glacier Nationalpark und auf den schwierigen Highway 20 Richtung Bella Coola. So zumindest der Plan, Änderungen vorbehalten.