Juni 13: Baltimore bis Nova Scotia
Von Washington D.C. ist es ein Katzensprung nach Baltimore. Aus rein touristischen Gründen würde man diese Stadt vermutlich nicht unbedingt auf die Prioritätenliste der „must sees“ der USA Ostküste setzen. Obwohl sich die Stadt „the charming City“ nennt, konnten wir dem nicht sehr viel abgewinnen. Aber nach Washington hält vermutlich jeder Vergleich nicht stand. Nun, es gibt ja bekanntlich andere Gründe, weshalb man diese Stadt anpeilt.
Bei unserem letzten Bericht war die Aufregung gross. Unser Fritz war zwar angekommen, wir wussten allerdings noch nicht in welchem Zustand und wie wir ihn durch den Zoll kriegen. Kurz und gut: alles paletti! Fritz hat den Atlantik wohlbehalten überquert, hatte viel Fun mit der Schiffscrew und konnte sich im Hafen von Baltimore noch ein paar Tage ausruhen bevor er wieder unter unserer Obhut stand. Die Zollformalitäten stellten sich als nicht existent heraus (Mist, wieso haben wir unsere Gewürze zu Hause weggeschmissen!!?). Die ganze Abholung dauerte alles in allem, inkl. 20 Minuten Warten auf Escort Service (Nein, nicht was Ihr denkt.. man darf das Hafengelände von Baltimore nur in Begleitung eines Escort Services betreten), 1 Stunde. Somit konnten wir bereits um 10 Uhr die erste Tankstelle anfahren, um dann auf direktem Weg in eine Autowerkstätte zu gelangen. Am Tag der Abgabe in Hamburg hat nämlich das Licht den Geist aufgegeben und somit musste das als erstes repariert werden. Aber auch das war innerhalb einer Stunde repariert (wir hatten zum Glück einen Ersatz Lichtschalter dabei! So ein Teil hätte hier in den USA USD 250.-- gekostet, während das Teil bei uns schlappe CHF 60.-- kostet).
Somit hatten wir unerwarteter Weise nochmals einen halben Tag zur Verfügung, um die unendliche Schönheit Baltimore’s zu entdecken. Wir nutzten die Zeit, um in einen Bass Pro Shop zu fahren und noch ein paar Outdoor/Campingartikel zu besorgen. Unglaublich, diese Läden! Ganze Outdoorwelten öffnen sich da und es kann ALLES vom Jägeroutfit (inkl. Gewehr) bis zu den Fischerstiefeln besorgt werden.
Tags darauf ging‘s dann endlich los, und zwar richtig, sozusagen als ganze Familie. Wir fuhren bewusst nur eine kurze Strecke nach York, um uns dort auf einem Campground zuerst mal zu sortieren. Für die Verschiffung haben wir alles nur irgendwie seetüchtig verstaut, ohne jedoch auf den Sinn zu achten. Somit hiess es zuerst mal um beigen, Kisten neu packen, Schränke einräumen etc. Danach fuhren wir über die Catskills (Hudson Valley, dort wo Dirty Dancing gedreht wurde, das Hotel ist aber mittlerweile total zerfallen), Vermont nach Ogunquit, welches nördlich von Boston an der Küste Maine’s liegt. Hier konnten wir somit unsere Reise, welche wir mit dem Mietauto gestartet haben, fortsetzen. Tja, dann trafen wir aber zuerstmal Andrea. Andrea war leider keine nette Gastgeberin, sondern ein Hurricane. In Maine waren zwar nur noch die Ausläufer zu spüren, aber es goss wie aus Kübeln. Aus diesem Grund und weil Simone sich zudem mit einer Museumsklimaanlage in Washington D.C. eine Monstererkältung reingezogen hatte, flohen wir ins
Motel.
Als sich nach zwei Tagen das Wetter beruhigte zogen wir weiter nach Boothbay Harbour und nisteten uns auf einem Camping Platz direkt am Meer ein. Dieser Teil der Küste ist extrem reich an Hummer und selbst Campingplatz Besitzer hat eine Lizenz zum fischen. Da sich Simone‘s Erkältung mittlerweile auch mit Fieber anreicherte, verzichteten wir leider auf den frisch vor der Haustüre gefangenen Hummer. Nach Simone‘s Wiederauferstehung zogen wir dann weiter nach Bar Harbour mit dem Ziel, den Acadia Nationalpark zu erkundigen. Wieder war uns das Wetterglück nicht vergönnt und wir mussten zwei Tage warten bis wir bei Sonnenschein in den Park fahren konnten. Zum Glück sind wir ja die Luxuscamper und haben noch eine zweite Kasse, mit welcher wir uns zwischendurch ein Spa Hotel leisten können. Ein bisschen Luxus kann nicht schaden :-) Das Warten hat sich gelohnt, der Park zeigte sich von seiner schönsten Seite. Man ist hier am östlichsten Punkt der USA und der Park ist auf einer Insel gelegen. Somit hat man von überall traumhafte Aussicht auf den Atlantik und kann schöne und anspruchsvolle Wanderungen unternehmen.
Nach Acadia verbrachten wir in Calais eine letzte Nacht auf US Boden und fuhren am nächsten Tag über die Grenze nach Kanada. Der Grenzübertritt war total problemlos. Wir gaben auf der amerikanischen Seite unsere weissen Zettel ab, damit die Sanduhr unserer Aufenthaltsdauer stoppt und wurden dann vom kanadischen Zöllner herzlichst empfangen. Lediglich er hatte das Problem, dass er unser Autokennzeichen nicht in den Computer brachte, da sein Programm nur US und kanadische Nummern frisst. Jedoch meinte er, das sei ja nicht unser Problem, drückte uns einen Touristenführer von New Brunswick in die Hand und verabschiedete uns mit einem „Welcome to Canada!“.
Erste Anlaufstation in Kanada war dann St. Andrews by the Sea, ein kleines Städtchen von malerischer Schönheit. St. Andrews liegt auf einer Halbinsel in der Bay of Fundy. Von hier aus könnte man Whale Watching machen. Jedoch ist es Mitte Juni noch zu früh. Wenn man Glück hat, sieht man um diese Jahreszeit die sehr seltenen Glattwale und Delphine. Die spannenden Buckelwale kommen allerdings erst in den nächsten Wochen hier an, um dann ihre Kälber auf die Welt zu bringen. Somit verschoben wir das Whale Watching und machten einen Ausflug nach Deer Island. Die Insel ist nur 16km lang und 5km breit mit ca. 1000 Einwohnern. Sie lebt von der Fischerei und Hummerfarmen. Wir nutzten die Gelegenheit und besichtigten eine Hummerfarm. Ob’s für die Lust auf Hummer förderlich ist, muss jeder selber entscheiden. Die Hummer werden in riesigen Becken gezüchtet und mit Sardinen gefüttert (und vermutlich Antibiotika?). Von dort werten sie mit Vakuumpumpen aus dem Wasser gezogen und von Philippinos nach Grösse sortiert. Die zu Kleinen und zu Grossen wandern zurück ins Becken. Die anderen werden je nach dem lebend auf Eis nach Übersee verschifft oder gekocht und dann in die USA versandt. Das Gebäude, wo die Hummer gekocht werden, durften wir (angeblich aus Sicherheitsgründen) nicht besichtigen. Auch durften wir keine Fotos machen. Vermutlich hat man einfach Angst vor allfälligen Tierschützern. Tja, ich werde den Hummer hier vor Ort weiterhin geniessen, jedoch nicht in Europa oder gar Asien, wo er zuerst tageweise auf dem Eis durch die Welt gekarrt wird.
Nachdem wir heute Morgen spontan von einem überaus charmanten Ehepaar aus St. Andrews zum Frühstück eingeladen wurden (würde uns das in der Schweiz passieren? Wohl eher nicht..) fuhren wir nach Saint John, um dort die Fähre nach Digby (Nova Scotia) zu nehmen. Die Fahrt dauert drei Stunden und ist sauteuer, aber aufgrund der Fahrersparnis allemal wert. Zudem besteht durchaus die Chance, dass man Wale sieht. Wir lernten anstelle ein weiteres Ehepaar von Lunenburg kennen und hatten drei lustige und interessante Quasselstunden. Wir werden die beiden vermutlich auf unserer Weiterreise besuchen.
Fritz ersetzt uns hier den Hund. Mit Hunden lernt man bekanntlich Leute kennen. Unser Landrover ist hier jeweils die Attraktion des Tages, bekannt wie ein bunter Hund und zieht die Leute massenweise an. Alle wollen wissen, woher wir kommen, wie das Auto über den Teich kam, was das überhaupt für ein Auto ist, ob man ihn kaufen kann usw. Meistens nette Begegnungen, aber es kann manchmal auch ganz schön anstrengend sein. Alles in allem sind aber sowohl die Amerikaner wie auch die Kanadier unglaublich nette und freundliche Menschen. Da könnten wir Europäer uns eine Scheibe abschneiden. Das macht Lust auf mehr. Wir werden in den nächsten Tagen Nova Scotia erkundigen und uns dann Richtung Westen mit Stationen in Montreal und Niagara Falls aufmachen. Danach heisst es dann, die Kornkammer Kanadas zu durchqueren, um dann endlich an der Westküste anzugelangen. Es kann also etwas dauern, bis der nächste Bericht online ist. Ach ja, hier noch etwas für die Freunde der gepflegten Übersetzung. Der Campingplatz in St. Andrews hat eine deutsche Übersetzung. Schaut sie euch an: Der Oberbrüller. Unser Favorit sind die ‚Stadt-Tätlichkeit‘. http://www.kiwanisoceanfrontcamping.com/de/links.php