Juni/Juli 13: Nova Scotia bis Ontario
Nach der Fährüberfahrt von New Brunswick nach Nova Scotia machten wir einen kurzen Stop in Digby, das für seine leckeren Jakobsmuscheln bekannt ist. Es wurde 1783 von Loyalisten des British Empire gegründet und verfügt heute über die weltweit grösste Fischereiflotte für Jakobsmuscheln. Selbstverständlich waren diese Meerestierchen auch vor uns nicht sicher und wir genossen einmal mehr Berge von allerlei Getier aus der Bay of Fundy.
Am nächsten Tag ging‘s dann Richtung Norden mit Zwischenhalt in Lunenburg, die einzige Unesco-Welterbestätte der Region. Lunenburg wurde hauptsächlich von Deutschen, Schweizern und Franzosen besiedelt. Die Bäckerei Zwicky war neben der Metzgerei Müller zu finden :-) Da die Fischbestände in ganz Nova Scotia drastisch zurückgegangen sind hilft nun Lunenburg als touristischer Anziehungspunkt, die Wirtschaft im Gang zu halten.
Unsere Route führte weiter über Peggys Cove, welches allen Schweizern ein Begriff sein dürfte. Leider nicht, weil es hier so schön ist, sondern weil hier am 2. September 1998 eine Swissair Maschine ins Meer stürzte. Vermutlich erinnern sich die Meisten von uns noch ziemlich genau, wie und wo sie an diesem für die Schweiz schwarzen Tag erwachten. So liessen auch wir es uns nicht nehmen, die beiden Memorials entlang der Strasse zu besuchen und den Opfern der berüchtigten SR 111 zu gedenken. Obwohl wir persönlich Niemanden kannten, der auf dem Flug ums Leben kam, war es ein bewegender Moment mit Gänsehaut. Abgesehen davon ist Peggys Cove wunderschön. Malerische Klippen, welche auf den Atlantik zeigen versehen mit einem pitoresken Leuchtturm.
Noch am selben Tag kamen wir in Halifax an. Die Stadt besticht nicht gerade durch Schönheit, sondern eher durch Lebensqualität (anscheinend). Da uns das als Touristen total egal ist, zogen wir bereits am nächsten Tag mit vollem Kühlschrank und Tank weiter nach Cape Breton Island. Die Insel ist geprägt von wilden Tieren, atemberaubenden Ausblicken und keltischer Kultur. Der Cabot Trail führt auf ca. 300km Länge rund um den Cape Breton Highlands National Park. Wir verbrachten wunderschöne Tage auf dem Trail und auf abgelegenen Campingplätzen in der Natur. Wandern war wiedermal angesagt. Das erste Mal seit unserer Einreise nach Kanada waren wir auch mit der Bärenfrage konfrontiert. Ja, hier gibt es Schwarzbären! Somit hiess es, besonders vorsichtig zu sein, beim Wandern genug Lärm zu machen (was manchmal gar nicht so einfach ist, insbesondere da Michi sich standhaft weigerte zu singen) und den Abfall immer gleich zu entsorgen. Tja, und wie die meisten Besucher der Insel haben wir keinen Bären gesehen. Dafür unseren ersten Elch, bzw. eine Elchdame.
In Pleasant Bay unternahmen wir zudem eine Whale Watching Tour. Eigentlich wäre bereits Walsaison, da diese ja mit den Fischschwärmen in die sich aufwärmenden Gewässer des St. Lorenzstroms ziehen. Wale sind immer dort, wo die Fische sind und somit wären eigentliche Buckel- Pilot- und Minkwale auf dem Programm gestanden. So machten wir uns in einer kleinen Gruppe von 6 Leuten und einem für Simone’s Geschmack abenteuerlich kleinen Zodiac inkl. Vollmontur auf den Weg bzw. aufs Wasser. ABER: der Ozean ist kein Zoo und die Fischschwärme waren wohl woanders als wir. Somit haben wir lediglich zwei Minkwale und ein paar scheue Seehunde zu Gesicht bekommen. Bei den Minkwalen handelt sich um eine Bartenwalart, welche sich nur ganz kurz mit einem sehr kleinen Teil des Rückens an der Wasseroberfläche zeigt. Nun denn, toll war’s trotzdem und wir werden hoffentlich noch an der Westküste die Gelegenheit bekommen, Wale zu sichten. Und Simone’s stolzes Fazit: nicht seekrank geworden! Seit dem legendären Segeltrip in die Türkei kann das Wasser ihr nichts mehr anhaben. Danke Kosta!! :-)
Von Cape Breton Island machten wir uns dann endlich auf Richtung Westen. Auf dem Trans Canada Highway verliessen wir Nova Scotia, durchquerten New Brunswick und überquerten die Grenze zur Provinz Québec. Hier ist alles anders. Man spricht so was ähnliches wie französisch (oder Schtii..) und die Strassen sind eine einzige Baustelle. Offenbar beherrscht hier eine Art Mafia den Strassenbau (haben wir uns sagen lassen) und schaut sorgsam dafür, dass die Arbeit nicht ausgeht. So werden die Strassen möglichst nur oberflächlich geflickt, um sie dann 2 Jahre später wieder aufzureissen. Naja, kommt uns Schweizern, speziell uns Zürchern, ja nicht unbekannt vor.
Mit einem kurzen Pittstop in Saint Jean-Port-Jolie (wir nennen es nur Saint Jolie de Schnick Schnack) und nach einer stürmischen Nacht (da macht das Vorzelt schlapp) fuhren wir in Montréal ein. Hier durften wir mit Michael und Poopsie (sorry Silvie!!) wunderschöne und erholsame Tage verbringen. Silvie ist eine Uraltbekannte von Michi und hat vor 1.5 Jahren Michael in Mexico kennen- und lieben gelernt. Da Michael griechischer Kanadier bzw. gebürtiger Montrealer ist, wanderte Silvie kurzerhand letztes Jahr in diese schöne Stadt aus. Weils so schön war, nisteten wir uns gleich für 6 Tage ein. Die beiden gaben sogar ihr Schlafzimmer auf, damit wir genug Platz hatten. Nach ca. 1 Stunde schlechtem Gewissen haben wir’s in vollen Zügen genossen, 6 Tage extrem viel gelacht, gelernt, dass ALLES von den Griechen erfunden wurde und die Waschmaschine der beiden zerstört. Sie bekommen jetzt zum Glück eine Neue. Zudem genossen wir sozusagen Familienanschluss und durften mit Freunden der beiden Geburtstage feiern, ein Fussballspiel schauen gehen (mit Schweizer Beteiligung, Schälli sei Dank…) und Kanada befeiern. Silvie und Michael leben inmitten von Montréal und wir konnten alles zu Fuss erkunden. Naja, eigentlich genossen wir einfach das Sein und Nichtstun, das städtische Leben (inkl. Coiffeur) und gutes Essen bzw. Wein während Fritz sich auf dem Parkplatz langweilte. Den krönenden Abschluss bildete dann noch der Nationalfeiertag Kanada’s, sprich Canada Day am 1. Juli. Ein eher relaxtes Fest, wo ganz Kanada auf den Beinen ist, die Nationalpärke (da Gratiseintritt) belagert und nach Herzenslust grilliert, tanzt und Fahnen schwingt. Wir genossen unseren letzten Tag und feierten tüchtig mit. Tja, Zigeuner müssen bekanntlich irgendwann weiter und so hiess es Abschied nehmen. Er fiel schwer!! Vielen Dank nochmals für alles Silvie und Michael, Ihr seid sooooooooo doof!! :-)
Von Montréal fuhren wir westwärts und überquerten die Grenze zur Provinz Ontario. Wiedermal haben wir unsere Pläne geändert und Niagara Falls aus dem Programm gestrichen. Lonely Planet findet nicht gerade schöne Worte über den Ort. Zudem haben wir mit den Victoria Falls vermutlich schon viel schönere Wasserfälle gesehen, welche sich in der Natur und nicht in einer heruntergekommenen Stadt befinden. So fuhren wir dann in den Algonquin Provincial Park im Nordosten von Ontario. Der Park ist ein Wander-und Paddelmekka. Auch wir schnallten die Wanderschuhe an und unternahmen zwei wunderschöne und anstrengende Hikes. Begleitet wurden wir von Myriaden von Mücken und Black Flies. Mücken sind mühsam, Black Flies sind nervtötend. Man hat die Wahl, ob die Haut von Moskitospray oder Mücken zerfressen wird. Wir entschieden uns für den Spray, jedoch versagen hier auch die einheimischen Mittel ihren Dienst, sobald man etwas schwitzt. Schön war’s trotzdem und das Bier schmeckt nach einer 6stündigen Wanderung besonders gut.
Am dritten Tag im Park wagten wir uns dann noch in ein Kanu. Da wir beide noch nie in einem Kanu sassen, unternahmen wir einen geführten Halbtagestrip. Es hat sich gelohnt!! Nach anfänglichen Steuerschwierigkeiten, wo Michi bereits die Scheidung einreichen wollte, haben wir uns auch als Paddelduo gefunden. So glitten wir über den See an die entlegensten Orte, sahen Loons (Vogel, Taucherart, danach ist die Eindollarmünze Kanadas‘, der Loonie, benannt), Schildkröten und als Krönung eine Elchmutter mit ihrem Kalb. Es war super und wir wollen das Kanufahren unbedingt, jetzt da wir ein eingeschworenes Ruderteam sind, in British Columbia (oder B.C. wie wir Einheimischen es nennen) weiterbetreiben.
Derzeit sitzen wir in Sault Ste Marie (schon wir ein Saint Schni Schni), einer Grenzstadt Kanada/USA, und laden sprichwörtlich alle unsere Batterien auf. Die nächste Station heisst nämlich Lake Superior, wo wir ein paar Tage verbringen wollen, bevors dann auf die lange, lange Strecke Richtung Alberta geht. Es heisst dann, die beiden Provinzen Manitoba und Saskatchewan zu durchqueren. Sie sind die Kornkammer Kanadas und somit gibt’s vermutlich ausser Weizenfelder nicht viel zu bestaunen. Aber wir lassen uns überraschen, vielleicht entdecken wir ja doch noch ein paar ungeschliffene Diamanten.