September 13: Vancouver bis Kalifornien
In Vancouver genossen wir unseren letzten Abend mit Astrid und Reini, welche wir in Bella Coola kennengelernt haben. Mit ihnen durften wir Reini’s 50igsten Geburtstag bei gutem italienischem Essen und Wein befeiern. Vielen Dank nochmals Ihr Lieben! Danach hiess es für uns von Kanada Abschied nehmen. Nach rund 4 Monaten zog es uns nun langsam Richtung Süden.
Am nächsten Tag machten wir uns – zugegebenermassen etwas nervös – Richtung US Grenze auf. Man hört und liest viel über die Handhabung der US Grenzbeamten einer Wiedereinreise in die USA mit Visum. Für uns stellte sich die entscheidende Frage, ob wir nochmals 6 Monate bekommen oder ob das erste Einreisedatum (das wäre für uns der 4. Mai 2013 in New York gewesen) weiterzählt. Letzteres hätte bedeutet, dass unser USA Aufenthalt am 4. November 2013 geendet hätte und wir – schneller als uns lieb gewesen wäre - Burritos und Fajitas hätten essen müssen. Nun denn, mit ein paar Überredungskünsten sowie nach Beantwortung vieler Fragen (naja, in erster Linie wollte man wissen, ob wir genug Kohle mitbringen und nicht in die USA einreisen wollen, um da zum Sozialfall zu werden, also die gleichen Fragen wie für’s Visum damals) haute uns der nette Immigration Officer einen neuen Stempel für weitere 6 Monate in den Pass. Uff, wir können uns also mit dem Kauf des Sombreros noch etwas Zeit lassen und Michi kann sein fast perfektes Spanisch noch restlos perfektionieren. Und somit stand auch unserem „kleinen“ Abstecher in den Yellowstone Park nichts mehr entgegen.
Gleich am selben Tag machten wir uns auf die Socken und nahmen die über 1‘000km durch die Staaten Washington, Idaho und Montana unter die Räder. Während dreier Tage durchfuhren wir sich extrem verändernde Landschaften, mitunter einen kleinen Teil des Columbia River Valleys. Der mächtige Columbia River bahnt sich nämlich seinen 2‘000km langen Weg von Alberta in Kanada bis in den Pazifik westlich von Astoria. Im Staat Montana fühlten wir uns gleich extrem wohl. Hier sind die Leute sehr entspannt und überaus freundlich. Gerne hätten wir hier noch mehr Zeit verbracht, jedoch drängte die Zeit etwas, da sich ja Michi’s Eltern in San Francisco für Ende September angekündigt haben. Deshalb fuhren wir von Bozeman direkt in den Yellowstone Park. Da die absolute Hochsaison (Juli, August) hier bereits vorbei war, konnten wir es wagen, ohne Reservierung in den Park reinzufahren. Und es war dann auch kein Problem, auf einem der Campingplätze noch einen Platz zu kriegen. Wir nisteten uns auf einem zentralgelegenen Campground gleich für 3 Nächte ein und erkundigten den Park und all seine Sehenswürdigkeiten von hier aus. Yellowstone ist der älteste Nationalpark Amerikas. Der Hauptteil des Parks befindet sich im Staat Wyoming und kann sich einer sagenhaften Ansammlung von wilden Tieren rühmen. Grizzlies, Schwarzbären, Bisons und Wölfe leben hier. Dazu kommen die Hälfte aller Geysire der Welt, der höchste Gebirgssee des Landes und viele Wasserfälle, welche alle auf einem gigantischen Supervulkan gelegen sind. Unter den Füssen kocht und brodelt es und immer wieder ist irgendwo ein Geysir in Aktion. Der verlässlichste aller Geysire ist der Old Faithful (daher der Name), welcher ziemlich genau alle 90 Minuten hochgeht.
Yellowstone ist landschaftlich einmalig und absolut sehenswert. Auch die vielen verschiedenen Farben sind wunderschön. Leider zieht dies natürlich auch die Touristen aus aller Welt in Massen an. Sogar im September hat es immer noch sehr viele davon. Asiatische Gruppen belagern den Park wie Heuschrecken. Um den Park wirklich abseits der Touristenmassen zu sehen, würden wir das nächste Mal im Winter dahin reisen. Dick eingepackt in eine Daunenjacke und mit dem Schneemobil unterwegs ist dann der Park auch farbmässig vermutlich noch eindrücklicher. Aber der Umweg hat sich für uns auch zu dieser Jahreszeit definitiv gelohnt!
Die Nächte auf knapp 2‘500m ü. M. waren aber schon ganz schön frostig und machten für uns das Campingerlebnis grenzwertig (oder noch grenzwertiger...). Zum Glück funktionierte unsere Heizung auf dieser Höhe noch einigermassen, wenn auch mit ein paar Aussetzern. Und so zog es uns dann bald wieder zurück an die Küste in wärmere Gefilde. Nach einer Fahrt durch den Grand Teton Nationalpark sowie einer Nacht in Jackson Hole fuhren wir durch den südlichen Teil Idaho‘s Richtung Oregon. Die Fahrt war wiederum einmalig schön. Unser Fritz schnaufte brav über die diversen Pässe und bald merkten wir, dass die klimatischen Verhältnisse wieder eher unserem Gusto entsprachen. Auch die Landschaft veränderte sich bald in eine Halbwüste. Bizarr schön und endlich keine Wälder mehr :-)
Nachdem wir von Corry und Mike nur Gutes über die Garage „Bend British – http://bendbritish.com“ in Bend gehört haben, entschlossen wir uns, Fritz dort einen Oelwechsel zu gönnen. Der letzte Oelcheck hatte gezeigt, dass das Oel nach ca. 6‘000 gefahrenen Kilometern seit Calgary bereits wieder bedrohlich schwarz war. So fuhren wir auf gut Glück an einem Freitagnachmittag kurz vor Ladenschluss zur Garage und wurden – man stelle sich das mal in der Schweiz vor - mit einem Oelwechsel und on top einer Einladung ins Haus des Eigentümers belohnt. Francis, gebürtiger Peruaner, und seine Frau Elsa, gebürtige Dänin, freuen sich zusammen mit ihren zuckersüssen Töchtern Annika und Isabella immer über europäischen Besuch (mit Ausnahme von Franzosen), insbesondere wenn dieser Land Rover fährt. Und so nisteten wir uns als Swiss Team 2 bei ihnen (Corry und Mike sind Swiss Team 1) für zwei Tage ein. Francis bekochte uns sogar mit einem lomo saltado und wir durften im Spielzimmer der beiden Mädchen nächtigen. Michi durfte endlich wiedermal mit Barbie spielen und einem rosa Telefon telefonieren. Nicht nur Fritz hatte also seinen Wellnesstag, sondern wir gleich zwei. Es war superschön und wir danken Elsa und Francis nochmals ganz herzlich. Wir würden uns wirklich freuen, Euch in Mexico wiederzusehen!
Bend ist auch abgesehen von Elsa und Francis‘ Gastfreundschaft einen Besuch wert. Hier treffen Halbwüstenplateau im Osten und Kaskadenkette im Westen aufeinander. Daraus resultieren die besten Skigebiete Oregons, die besten Klettermöglichkeiten sowie die besten Mountainbike Strecken Oregons. Und das Städtchen selbst ist hip und jung und hat eine Ansammlung von Kleinstbrauereien. Wir haben – what else is new – natürlich das ganze Sportprogramm ausgelassen und nur die Brauereien besichtigt. Und so machten wir uns am Sonntagnachmittag auf, mit Francis die hiesigen Biere zu testen und Geschäftsideen zu sammeln. Leider hiess es dann wieder einmal viel zu früh von Elsa und Francis und ihren beiden süssen Girls Abschied zu nehmen und den letzten Rest bis an die Küste Oregons zu fahren.
Die Oregon Dunes bilden das grösste zusammenhängende Dünengebiet der USA. Die bis zu 150m hohen Dünen reichen bis zu 5km bis ins Landesinnere herein, wo sie auf Küstenwälder treffen. Dies ergibt ein ganz besonderes Ökosystem. Teilweise sind in den Dünenparks jedoch auch ATV’s erlaubt und so sollte man ziemlich aufpassen, ob und wo man in den Dünen wandert. Weiter für uns etwas befremdlich ist in Oregon, dass fast jeder mit einer Schusswaffe am Gürtel rumläuft. Auf den Campgrounds hängen grosse Schilder „no shooting on campground“.. naja, andere Länder andere Sitten! Da können wir nur grosse Augen machen und hoffen, dass man sich an die Verbote hält.
Die Küstenlandschaft Oregons hat uns sehr gefallen. Sie ist extrem wild, naturbelassen und unverbaut. Zudem gehört das meiste Land dem Staat und ist somit für alle zugänglich. Dies ändert sich sehr schnell, sobald man in Kalifornien ist. Dort ist das meiste Küstengebiet in privatem Besitz, eingezäunt und mit grossen „no Trespassing!“ Schildern ausgestattet. Wir liessen es uns nicht nehmen, in Gold Beach im Süden von Oregon ein paar Strandtage einzulegen und endlich – nach all dem Stress - mal richtig Ferien zu machen. Kilometerlange Strände luden uns zu stundenlangen Beachwalks ein und der Seafood im benachbarten Restaurant war auch köstlich.
Im Norden von Kalifornien haben wir anschliessend die Redwoods besucht. Hier wachsen die ältesten und höchsten Mammutbäume der Welt in den Himmel. Sehr beeindruckend und man fühlt sich daneben doch eher zwergenhaft. Allerdings konnten uns die Wälder nicht zum bleiben verlocken. Irgendwie hatten wir genug von Wald und Bäumen, vermutlich haben wir davon in Kanada eine Überdosis erhalten. Auf der Suche nach Stand und Sonne mussten wir feststellen, dass die Zeit in Nordkalifornien irgendwie stehen geblieben ist. Hier leben immer noch die Hippies aus den 60er Jahren, die den ganzen Tag Joints rauchen und Duschen als überbewertet empfinden. Nordkalifornien haben wir eher als Auffangbecken von Menschen empfunden, welche zwar in den 60er Jahren noch nicht mal ansatzweise in Entstehung waren, den Hippie Lebensstil aber vor allem vorschieben, um nicht arbeiten zu müssen und den ganzen Tag Gras zu rauchen. Naja, dann lieber nicht arbeiten und den ganzen Tag reisen haben wir uns gesagt.
So zogen wir dann relativ schnell südwärts auf dem Highway 1. In Bodega Bay liessen wir uns noch etwas länger nieder. Wer Hitchcock Fan ist, weiss, dass dies der Schauplatz von „Die Vögel“ war. Fast alles in diesen kleinen Städtchen bzw. im Nachbarsort Bodega dreht sich um diesen Film Klassiker aus dem Jahr 1962. Nun denn, die Möwen waren zwar nicht gerade blutrünstig, aber wenn man nicht aufpasst, schnappen sie einem schon das Sandwich vom Tisch. Von Bodega Bay ging es dann über die Golden Gate Bridge nach San Francisco. Selbstverständlich hatten wir Blumen im Haar und Fritz verkleideten wir als VW Bus mit Peace Zeichen auf dem Hintern. Hier werden wir nun zwei Wochen zusammen mit Michi’s Eltern verbringen während Fritz wiedermal Ferien hat. Ganz normale Dinge, wie in einer richtigen Wohnung zu leben, in einer richtigen Küche zu kochen, in einem richtigen Bett zu schlafen, ein Badezimmer direkt im Schlafzimmer zu haben, dieses Badezimmer nicht mit 100 anderen zu teilen usw sind für uns zum Luxus geworden und wir geniessen es sehr. Von San Francisco und L.A. mehr dann in unserem nächsten Bericht.