Juli 2014: San Blas (Panama) bis Villa de Leyva (Kolumbien)
Captain Jack Sparrow auf Französisch.. ? Das kann ja eigentlich nur schief gehen und wir hätten es besser wissen sollen. Nachdem unser erstes gebuchtes Schiff bzw. der Katamaran Nacar 2 technische Probleme hatte, wurde unser Trip vorerst mal gecancelt. In der Folge wurden wir von Schiff zu Schiff umgebucht (ok, wir hätten es definitiv als Zeichen verstehen sollen!) und landeten dann schlussendlich bei Franco bzw. Frank aus Froncreisch mit seiner „Le Freak“.
Nun denn, Nomen est Omen und der Kapitän hatte leider mit Jack Sparrow wenig heldenhaftes gemeinsam. Lediglich war auch Frank dauerstoned und -betrunken. Wissentlich fuhr er in Puerto Lindo, das gar nicht lindo war, mit einem kaputten Alternator los. Hätten wir das gewusst, wäre der fehlende Kühlschrank im Schiff im ersten Moment nicht unsere grösste Sorge gewesen. Für technische Rindviecher: der Alternator oder zu Deutsch die Lichtmaschine ist dafür verantwortlich, dass sich die Batterien durch den laufenden Motor wieder laden. Aber ja, ein echter Pirat braucht doch keinen Motor bzw. hat Segel und ein Solarpanel. Leider ist aber auch der gefürchtetste Seeräuber ratlos, wenn Flaute herrscht und die Sonne sich hinter Wolken versteckt. So kam es wie es kommen musste, wir brauchten mehr als 36 Stunden, um überhaupt mal die San Blas Inseln zu erreichen. Dabei erlebten wir dümpelnd und mit schlackernden Segeln horrende Gewitter auf hoher See. Blitze schlugen neben uns ins Wasser ein und die Wellen waren so riesig, dass wir alle seekrank wurden. Und wie.. uns (Michi und Simone) traf’s trotz Überdosierung Stugeron so schlimm, dass wir uns ca. 24 Stunden nur mit einem Eimer in der Hand bewegten. Die ständigen Jointschwaden des Kapitäns halfen da leider auch nicht.
Da wir dann die San Blas Inseln mit 2 Tagen Verspätung erreichten, blieb uns das eigentliche Highlight des Trips zum Glück erspart. Es wäre ja schrecklich gewesen, hier zu schnorcheln, schwimmen, plantschen, sünnelen, BBQ auf den Inseln usw. zu geniessen. Nachdem zuerst im Migration Office die Ausreise aus Panama geregelt werden musste, blieb uns genau ein halber Tag, um mal ins Wasser zu springen und die Füsse in den weissen Sand zu stecken. Die sorgfältig selbst manikürten Füsse, wohlverstanden. Aufs Schwimmen verzichteten dann die Mädels aber freiwillig, da am Schiff weder eine Leiter noch sonst etwas Ähnliches befestigt war. Da half nur ein Klimmzug, was den Herren der Schöpfung bekanntlich leichter fällt.
Drei weitere unerträgliche Tage verbrachten wir auf hoher See, ohne Land in Sicht, zur Abwechslung ohne Regen dafür aber mit stechender Sonne und entsprechend wenig Wind. Und das ohne Sonnenschutz, weshalb wir Schichten von Sonnencreme der Stärke 60 und mehr über unseren Schweiss schmierten. Zur Regulierung des Flüssigkeitshaushaltes hatten wir die Wahl zwischen warmem Bier und schmutzigem warmem Wasser. Im dehydrierten Zustand nach unserem Kotzfestival genau das Richtige! Super gemacht, Frank! Als wir nach den längsten 6 Tagen unseres Lebens Cartagena erreichten waren wir fix und fertig. Sogar Michel, der alles stoisch ertragen hat, konnte es nicht erwarten, endlich diesen Kummerkahn verlassen zu können. Wie wir dabei aussahen und rochen, nach sechs Tagen ohne Dusche, ersparen wir Euch.
Nach diesem Höllentrip kam uns Cartagena de Indias paradiesisch vor. Menschen, dazu überaus freundliche, eine wunderschöne Altstadt, ein pulsierendes Getsemani Quartier, Pizzas vom Himmel, eine Hotelbesitzerin aus Zucker und eine Kolumbianische Nationalmannschaft, die gewinnen kann, machten die Tage in dieser Stadt überaus angenehm und erholsam. Langsam kamen unsere Lebensgeister zurück. Kolumbien und Cartagena waren im Freudentaumel und feierten den Erfolg an der Fussball WM gehörig. Die Stadt mit ihren rund 1 Million Einwohner gilt übrigens als eine der ersten Stadtgründungen der Spanier in Südamerika. Dank ihrem strategisch gut gelegenen Hafen erlebte sie ein schnelles Wachstum und ist seit 1984 UNESCO Weltkulturerbe. Im selben Hotel wie wir nächtigten auch Kat und Ned (www.charlottamiles.com), die wir in Panama anlässlich der Verschiffung kennengelernt haben. Auch Erica und Sam trafen wir wieder (www.songoftheroad.com). Die Amis sind smart, sie nahmen alle das Flugzeug. Wir trafen aber auch viele bereits bekannte Gesichter, wie Karin & Markus (www.2infahrt.ch) und Regula & Ines (www.ritib.ch) und Lutz & Conny, die alle ebenfalls das Segelschiff gewählt haben. Die Wiedersehensfreude war gross und bei Bier und Gesang erfuhren wir, dass so ein Segeltrip über die San Blas Inseln durchaus auch ein tolles Erlebnis sein kann. Insbesondere wenn man mit der Stahlratte mitdarf. Tja, deutsche Gründlichkeit geht eben doch über französisches Je m’en foux! Ein bisschen neidisch waren wir schon.
Nun hiess es dann auch bald, Fritz und Pinzi in Empfang zu nehmen. Wir waren gespannt, ob die beiden ihre Seereise etwas mehr geniessen konnten als wir. Die Auslösung der beiden Fahrzeuge mit der Hilfe von Manfred Alwardt gestaltete sich als problemlos und effizient. Manfred hat so nebenbei auch noch unsere Immigration abgehandelt, da Frank, der das eigentlich hätte machen müssen, vermutlich bereits wieder besoffen über den Rehlingen hing. Innerhalb eines Tages hatten wir unseren Fritz wieder. Und es machte den Anschein, als hätte er mit Pinzi viel Fun im Container gehabt. Alles war unversehrt und so konnten wir ihn gleich wieder startklar für die Weiterreise machen.
Nach 4 x Pizza in 6 Tagen (Michel hat’s sogar auf 5 x gebracht) konnten wir uns dann endlich vom wunderschönen Cartagena losreissen und fuhren zusammen mit Michel und Karin & Markus entlang der Karibikküste. An der Playa Veneto erfuhren wir die Gastfreundlichkeit der Kolumbianer ein weiteres Mal. Umsonst durften wir uns bei einem Fischer, welcher ein kleines Restaurant am Strand betreibt, hinstellen und sein Badezimmer benützen. Eine Bezahlung verweigerte er standhaft, und auch die Polizei kam noch und begrüsste uns aufs herzlichste. Und nach so viel Pizza war dann auch dringend wiedermal Zeit für Pasta und deshalb beglückte uns Markus mit seinen berühmten Spaghetti Carbonara. Michel war im Himmel, wir auch. Endlich waren wir wieder „on the road“ und Kolumbien hatte uns wärmstens empfangen.
Obwohl’s hier so schön war, trieb es uns am nächsten Tag weiter an die Playa Los Angeles in der Nähe des Tayrona Nationalparks. Direkt am wunderschönen, aber leider nicht badetauglichen weissen Sandstrand bezogen wir unser Quartier im sehr schönen Campground und genossen ein paar Standtage. Dabei unternahmen wir auch einen Ausflug in den Nationalpark Tayrona. Dschungel, schöne Strände und ein Wanderwegnetz prägen diesen Nationalpark. Ob sich der doch recht hohe Eintrittspreis von umgerechnet 19 USD pro Person lohnt, muss jeder selber entscheiden. Wandern bei 40 Grad ist auch mässig lustig. Wir empfinden im Nachhinein das Preis-Leistung Verhältnis der amerikanischen Nationalparke einfach als unschlagbar.
Die schlaflosen Nächte in dieser Hitze trieben uns in die Höhe. Markus wäre am liebsten gleich direkt in zwei Tagen in den Altiplano durchgefahren. Etwas kühlere Temperaturen fanden wir dann in Minca, einem kleinen Dörfchen am Rande der Sierra Nevada. Hier kann man zu Wasserfällen wandern, biken, reiten und eben die kühleren Temperaturen geniessen. Obwohl nur auf ca. 600 m. ü. M. fallen die Temperaturen hier des Nächtens deutlich tiefer und machen das Schlafen wieder erholsam. Nach und nach wurde der Campground des herzigen Hospedaje El Mirador von weiteren Motorradfahrern buchstäblich überrollt und sogar dem hauseigenen Papagei Ara wurde es etwas zu laut. Übrigens: Michi hat schon wieder ein neues Lieblingstier. Doch einmal mehr war kein Platz in unsrem Fritz und da es uns langsam zu eng wurde, brachen wir nach 5 Tagen und einer ausgeschiedenen Schweiz in Brasilien wieder auf. Während Michel sich aufmachte, in Taronga seinen Dive Master in Angriff zu nehmen, fuhren wir Richtung Hochland und sagten somit der Karibik endgültig Adieu.
Die Strecke zwischen Santa Marta und San Gil bot nicht sehr viel, ausser kurvigen Strassen mit höllisch viel Verkehr. Wir mussten uns zuerst mal an die gelinde gesagt halsbrecherische Fahrweise der Kolumbianer gewöhnen. Auch unserem Fritz gefiel’s gar nicht und er quittierte seinen Unmut mit noch lauterem Quietschen als auch schon. Insbesondere die Lastwagenfahrer haben es in sich und von denen gibt es leider viel zu viele auf den Strassen. So merkten wir bald, dass 200 Kilometer nicht eben mal so rasch abgespult werden, sondern ihre Zeit benötigen. Ständig hat man untermotorisierte und überladene Trucks vor sich, die man schlecht überholen kann. So schafften wir es grad mal in den staubigen und hässlichen Ort Aguachica und fielen dort todmüde und etwas genervt in ein speckiges Hotelbett. Was für eine Scheissreise J Der nächste Tag brachte uns dann aber doch nach San Gil, wo wir uns auf einem schönen Balneario (Schwimmbad) hinstellen durften. Von hier gab es einiges zu erkundigen. Unter anderem die hübsche Kolonialstadt Barichara und der Chicamocha Nationalpark. Der grosse Knüller in diesem Park: man fährt mit einer Gondel über den Canyon auf die andere Seite des Tals. Für die Kolumbianer ein riesen Hit und fast wie Chilbi, für uns Schweizer totale Normalität. Die Kolumbianer behaupten, es handle sich um den zweitgrössten Canyon nach dem Grand Canyon. Welche Massstäbe dabei angesetzt werden, wissen wir nicht und wir bezweifeln es auch stark. Nichtsdestotrotz genossen wir die wunderschöne Aussicht und übernachteten deshalb am Abend gleich auf dem Besucherparkplatz des Nationalparks.
Dann ging’s dann definitiv weiter Richtung Berge. Auf 2140m ü. M. liegt das Städtchen Villa de Leyva. Hier liessen wir uns im wunderschönen Hostal Renacer nieder und geniessen ein paar Tage dieses hübsche Städtchen mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten. Und gleich am ersten Tag konnten wir endlich Fritz‘ Quietschen beheben. Alle offiziellen Land Rover Garagen haben’s bisher nicht rausgekriegt, was es war. Der Mechaniker einer kleinen Werkstatt hier in Villa de Leyva, empfohlen von unserem Hostal, wusste gleich wo ansetzen. Es waren kristallisierte Bremsbeläge der vorderen rechten Bremse, verursacht durch Hitze, Trockenheit, Feuchtigkeit, rasche Klimawechsel usw. Etwas abschleifen und gut war, Kostenpunkt CHF 15.--. Halleluja, unsere Ohren werden sich freuen und wir sind unheimlich beruhigt, dass es nichts Schlimmeres war. Nun geniessen wir die Zeit hier bevor es dann weitergeht Richtung Medellin und Kaffeehochland.